Als ich noch ein Kind war, in den 1960er Jahren, belohnten sich meine Eltern manchmal sonntags mit einem Döschen Lachsersatz. Ein rot gefärbtes und reichlich übersalzenes Produkt, das in Farbe und Geschmack an den damals extrem teuren Räucherlachs erinnern sollte. Der echte Räucherlachs war für Handwerkerfamilien, wie der unseren, nicht nur unbezahlbar, sondern auch nicht erhältlich. Verkauft wurde diese Spezialität nur in den wenigen Delikatessgeschäften in der großen Stadt, und da ging unsere Familie nur maximal einmal im Jahr rein. In der Woche vor Weihnachten. Der Räucherlachs war bei uns ein Heiligabendschmaus. In meiner Erinnerung war der Räucherlachs eine milde, zarte Delikatesse mit der Konsistenz von feinem Marzipan.
Jahre später hatte ich eine Begegnung mit Räucherlachs, die mich an die Produkte erinnerte, die man heute in den Kühlregalen der Supermärkte und Discounter findet. Schlechte Grundprodukte, überräuchert, übersalzen, schlecht pariert und überlagert. Kilometerweit entfernt von einer Delikatesse. In der Zeit zwischen Kindheit und dem neuerlichen Versuch hatte die Industrialisierung des Produkts einsetzt.
Zuerst glaubte ich meine glorifizierende Erinnerung sei der Tatsache geschuldet, dass es der Weihnachtsabend war, an dem ich den köstlichen Lachs gegessen hatte. Aber dem war nicht so. Auf meine Geschmackserinnerungen konnte ich mich schon damals verlassen.
Ich habe so ziemlich alles an Räucherlachs probiert.
In den nächsten 20 Jahren hatte ich die Möglichkeit, so ziemlich alles an Räucherlachs probieren zu dürfen, was man sich vorstellen kann. Von ganz gruselig bis göttlich war alles dabei. Hin und wieder auch der Lachs meiner Kindheit. Aber wie damals, als der Lachs noch vom talentierten Feinkosthändler geräuchert wurde, waren auch in der Zeit danach die besten Lachse in den Küchen der begabtesten Köche geräuchert worden. Da ich in meiner Funktion als Feinkosthändler natürlich auch Räucherlachs im Portfolio haben sollte, war mir vollkommen klar, es soll jedoch nur Räucherlachs sein, der so schmeckt wie der Lachs in meiner Kindheit. Um diesen Lachs bis in der letzten Konsequenz auch immer anbieten zu können, musste ich viel über den Fisch und seine Zubereitung lernen. In erster Linie über den Fisch. Die Lebensumstände bestimmen die Qualität des Fleischs. Nur gut gefütterte und sorgsam gehälterte Tiere sind in der Lage, ein Grundprodukt zu liefern, aus dem man ein fertiges Produkt erzeugen kann, das unseren Ansprüchen genügt.
Fischfarmen unterliegen Sachzwängen
Diese Fische zu finden ist nicht einfach. Farmen, die theoretisch gute Fische produzieren, wandern über kurz oder lang in die Geldfalle. Multinationale Handelsunternehmen setzen die Daumenschrauben immer enger, und selbst hoch motivierte Fischfarmer brechen unter den Sachzwängen zusammen und steigern ihren Ertrag durch Überbesatz, Turbo-Mastfutter und Medikamente. Sichere Herkunftsländer wie Norwegen verwandelten sich so nach und nach in Zuchtfabriken. Auch Irland, das Land der sogenannten Wildlachse, das jahrelang der Lieferant für unsere Rohprodukte war, änderte die interne Qualitätspolitik und verschwand damit von der Liste der sicheren Anbieter. Im Augenblick ist Schottland das Maß aller Dinge. Dort werden die Lachse in den für die Rasse so vorbildlichen abgesperrten, sehr sauberen fließenden Gewässern gehältert. Durch das fließende Wasser wird der Dung nicht abgelagert, wie in Seen oder Teichen, und der Einsatz von Antibiotika ist überflüssig. Durch geringen Besatz und ausgewogenes Futter in Verbindung mit ausreichend Bewegung entspricht dieser Lachs in Farbe und Geschmack dem der wilden Kollegen und darf sich deshalb auch Wildlachs nennen. Wir lehnen diese Bezeichnung ab, da sie etwas vorgaukelt, was nicht den Tatsachen entspricht. Diese Lachse werden in Gefangenschaft geboren und werden auch, trotz paradiesischer Bedingungen, ihr komplettes Leben so verbringen.
Zurzeit wird jedoch in keinem Land der Welt mehr Wert auf natürliche Haltung gelegt, wie in Schottland. So ist es kein Wunder, dass wir für unseren Räucherlachs ausschließlich Rohware aus Schottland beziehen und selbst dort akribisch auf die Einhaltung der geforderten Parameter achten. Doch Rohware allein macht nur 50 % des Genusses aus. Die restlichen 50 % finden in der Räucherei statt.
Hohes Lob von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung
Unsere Räucherei, nur wenige Kilometer von unseren Verkaufsräumen entfernt, hat sich auf das milde Räuchern spezialisiert. Wie genau das vonstatten geht, soll unser Betriebsgeheimnis bleiben. Wir wurden 2014 von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bei einem großen Räucherlachsvergleich zum besten Lachsräucherer Deutschlands gekürt. Das lag daran, dass wir unser Geheimnis bewahrt haben und es weiter bewahren werden. Offensichtlich ist hingegen, was nach dem Räuchern mit dem Lachs passiert. Zuerst einmal wird alles, aber auch wirklich alles, abgeschnitten, was für den Geschmack und das Mundgefühl abträglich sein könnte. Was übrig bleibt, ist reines und komplett einfarbiges Lachsfleisch ohne Fett, ohne Räucherhaut, ohne Bauchlappen. Dieses perfekte Stück wird ganz belassen und als ganze Seite angeboten oder der Länge nach geteilt. Dabei teilt sich das Bauchfleisch vom Rückenfleisch. Das Rückenfleisch ist muskulöser und gilt als das beste Stück. Tunnelförmig geschnitten schmeckt es am charmantesten, wenn man diesen Lachstunnel, der oft auch Zarenlachs genannt wird, vor dem Servieren in etwa fingerdicke Scheiben schneidet. Hier kommt die feine Marzipantextur am vorteilhaftesten zur Geltung. Da die Geschmäcker jedoch verschieden sind, und einige Gourmets das Zusammenspiel des zarteren Bauchs und des festeren Rückens lieben, haben wir uns auch hier einen besonderen Cut einfallen lassen, der diese Fähigkeit besonders zur Geltung bringt. Es ist ein kurzes aber breites Filet aus dem Mittelteil der Lachsseite. Schwanz- und Kopfteil des Filets werden nicht benutzt und einer anderen Bestimmung zugeführt. Da das Schneiden ganzer Lachsseiten nicht jedermanns Sache ist, bieten wir die Seite auch geschnitten an, und da eine ganze Seite oft zu groß für einen privaten Haushalt ist, diese wiederum auch in 200 Gramm Portionen.
Und was trinke ich dazu?
Wenn Sie in der Situation sind, ein solches Produkt einmal anbieten zu können, dann wird Sie sicher interessieren, welches Getränk man dazu reicht. Die einhellige Meinung von Sommeliers ist ja, zu Räucherlachs gehöre ein Bier. Das unterschreibe ich gerne pauschal. Unser schottischer Lachs ist jedoch so dezent rauchig, dass auch ein Weißwein mit leichter Feuersteinaromatik, wie man sie oft bei Pouilly Fumé findet, in diesem Fall hervorragend passt. Am allerbesten passen jedoch die Jahrgangs-Champagner von Christian Senez dazu. Die werden erst nach 20 Jahren von der Hefe genommen und degorgiert. Trotzdem kosten sie selten mehr als 50–60 € pro Flasche. Das ist übrigens das gleiche Preisniveau, welches man für richtig guten Räucherlachs pro Kilo kalkulieren muss. Für weniger Geld, lässt sich keine Top-Ware produzieren. Es muss aber auch nicht teurer sein. Manchmal soll man nämlich für die Geschichte bezahlen und nicht für das Produkt, und das ist nicht nötig.
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Ihr Räucherlachs ist absolut der Beste, den wir in den letzten 10 Jahren
gegessen haben und er wird auch von unseren Freunden immer sehr
gelobt. Für mich passt als Getränk sehr gut ein Rosé aus der Provence dazu,
z.B. ein Domaine Ott.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Herrmann
Hallo Herr Herrmann und entschuldigen Sie gleich die späte Rückmeldung! Wir freuen uns, dass Ihnen unser Räucherlachs gefällt. Wir müssen zugeben, dass wir auch große Fans davon sind. Die Weinempfehlung werden wir mal im Hinterkopf behalten! Vielen Dank für Ihren Kommentar, herzliche Grüße, Helge von BOS FOOD